Eisenarchitektur

Technische Universität Berlin

Organisatorisches

Kurstyp
SE
Semester
SoSe 2023
Standort
A 072
SWS
2
Start
Rhythmus
wöchentlich
Tag
Fr
Zeit
10-12
E-Mail
kerstin.wittmann-englert@tu-berlin.de

Details

Eisen ist ein bereits seit der Antike bekannter Baustoff. Doch während es in Antike und Mittelalter zur Verankerung vor allem bei Gewölben und Kuppeln begegnet, wird es ab Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem selbständigen, Stein oder Holz ersetzenden konstruktiven Material in der Baukunst. Seine eigentliche Geschichte beginnt auf der Basis der technischen Möglichkeiten der Verhüttung tatsächlich erst in der frühen Moderne. „Das Eisen hat in der Bautätigkeit des 19. Jahrhunderts eine so wesentliche, in schnellster Steigerung begriffene Bedeutung gewonnen, daß es, im Verhältnis zu seiner Rolle in der gesamten früheren Architektur tatsächlich als ein neuer Baustoff anzusehen ist.“ (Alfred Gotthold Meyer, 1907) Mit dem Material Eisen wandeln sich Konstruktionsprinzipien und Ästhetik gleichermaßen. Am Beginn stand der Brückenbau – mit der englischen Coalbrookdale Bridge als einem der frühesten Beispiele und zugleich einer architektur- und technikgeschichtlichen Inkunabel, die zu den Untersuchungsobjekten des Seminars gehören wird. Im 19. Jahrhundert wirkte sich die Verwendung vorfabrizierter Bauteile prägend auf Gestalt und Gestaltung aus, wie beispielhaft der Chrystal Place in London, der uns zur temporären Weltausstellungsarchitektur führen wird, ebenso wie zwei zentrale Werke des Architekten Gustave Eiffels zeigen, das Viaducts von Garabit und der Eiffelturm in Paris, oder auch bei den Markthallen. Doch Eisen fand in seiner frühen Zeit auch dort Verwendung, wo es auf den ersten Blick – in der Außenansicht repräsentativer Großbauten wie Bahnhöfe, Warenhäuser oder auch Bibliotheken – nicht erkennbar ist. Nicht nur das Material war, das Zitat von Meyer erneut aufnehmend, noch „neu“; die Bauaufgaben, in denen es im 19. Jahrhundert Verwendung fand, waren es gleichermaßen. Und auch dort, wo es – etwa infolge der Verkleidung von eisernen Stützen – nicht sichtbar ist, ist seine Verwendung bei genauerer Analyse der Bauten erkennbar, da deren vornehmlich statische Eigenheiten ohne Verwendung dieses Baustoffs nicht realisierbar gewesen wären. Mit der Eisenarchitektur sind Kunst- bzw. Architekturgeschichte und Technikgeschichte angesprochen: letzteres bei der Entwicklung des Materials vom Guss- zum Schmiedeeisen und später Schmiedestahl sowie in den Konstruktionsweisen. Zeitlich spannt sich der Bogen von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis in unsere Gegenwart.

Literature

Alfred Gotthold Meyer, Eisenbauten. Ihre Geschichte und Ästhetik, Esslingen 1907 / Neuausgabe Berlin 1997. (s. auch https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k852597p.image ) Christian Schädlich, Das Eisen in der Architektur des 19. Jahrhunderts, Aachen/Berlin 2015.