Die 'neuen Geister' der alten Medien: Hexen, Seuchen und Ketzer in Flugblatt und Einblattdruck 

Humboldt-Universität zu Berlin

Organisatorisches

Kurstyp
SE
Semester
WiSe 2023/24
Standort
DOR 24, 1.301
SWS
2
Rhythmus
wöchentlich
Tag
Mo
Zeit
16-18
E-Mail
bodenmis@hu-berlin.de

Details

Die frühe Druckzeit fällt zusammen mit einer Phase starker gesellschaftlicher Dynamiken, die u.a. in Reformation und Bauernkriegen, in wissenschaftlichem Fortschritt und kollektiven Schreckensszenarien ihren Niederschlag fanden. Das Seminar will diese Dynamiken aus mediengeschichtlicher Sicht in den Blick nehmen und folgt dabei einer zweifachen Ausrichtung: Zunächst soll ein technikgeschichtlicher Block den Teilnehmer*innen ein Grundverständnis für die fundamentalen Veränderungen des Literaturbetriebs im Zuge der Durchsetzung des Buchdrucks vermitteln (Medien(r)evolution?). Hier werden wir u.a. die Grundlagen der Kodikologie und Typographie (Handsatz) erarbeiten. Im Rahmen von zwei Exkursionen (Lehrdruckerei und StaBi Berlin) werden wir dies praktisch vertiefen. Der andere Block setzt einen mediengeschichtlichen Schwerpunkt: Anhand einer Auswahl von einflussreichen, populären oder besonders kontroversen Flugblatt-Themen, Einblattdrucken und/oder kurzen Texten werden wir erarbeiten, inwiefern gerade diese kleinen, billigen und in hoher Auflage verbreiteten Schriften gesellschaftlich wirksam wurden, denn: Oftmals nahmen sie die gesellschaftlichen Dynamiken eines Zeitgeistes nicht nur auf, sondern dynamisierten oder radikalisierten diese, indem sie sie bekämpften oder vereinfachten, propagierten oder ausschmückten. Auf diese Weise verhalfen sie ihren Themen und Inhalten zu weiter Verbreitung. Zuletzt werden wir einen Ausblick auf den frühen Literaturmarkt werfen und dazu exemplarisch einige Kanäle untersuchen, die die Verteillung und Verfügbarkeit gedruckter Schriften bedingen. Das Seminar geht also der Frage nach, inwiefern eine Veränderung der Medienwahrnehmung zu einer veränderten Weltwahrnehmung beitragen konnte.