Das Wissen der Literatur

Technische Universität Berlin

Organisatorisches

Kurstyp
VL
Semester
WiSe 2024/25
Standort
H 0112 / Zoom
SWS
2
Start
Rhythmus
wöchentlich
Tag
Do
Zeit
16-18
Anmeldung
Anmeldung wird erbeten: https://isis.tu-berlin.de/course/view.php?id=39476
E-Mail
h.vonherrmann@tu-berlin.de

Details

Das Wissen der Literatur ist in erster Linie ein poetisches und geschichtliches, das Wissen der Naturwissenschaften ein messendes und mathematisches. Der Philosoph Wilhelm Dilthey hat dies um 1900 auf die Formel „Verstehen vs. Erklären" gebracht. Allerdings berücksichtigt diese systematische Unterscheidung nicht die Formen des Austauschs und der Konkurrenz zwischen beiden Wissenstypen. So gewann die Literatur um 1800 als ‚Zeitkunst’ (Lessing, Hegel) ihr spezifisches Wissen aus einer entschieden antimechanistischen Position, die in starkem Maße wissenschaftskritische Züge aufwies. Zugleich trat sie in Verbindung mit neuen Wissenschaften (Chemie, Biologie, Physiologie, Paläontologie, Geologie), die die Natur als lebendig und wandelbar beschrieben. Die unumkehrbare Zeit des Organismus, die eine Zeit des Werdens und des Verfalls ist, wird hier gegen die zeitlose Zeit der Mechanik (die göttlich-ewigen Gesetze der Natur) in Stellung gebracht. Die Vorlesung wird diese Ausgangskonstellation anhand von ausgewählten Textbeispielen (u. a. Goethe, Hölderlin, Kleist, E.T.A. Hoffmann, Mary Shelley) nachzeichnen, um dann ihren Transformationen im 20. und 21. Jahrhundert (u.a. bei Kafka, Benn, Brecht, Max Bense, Max Frisch, Daniela Danz) zu folgen. Dabei wird sich zeigen, dass mit der Grundlagenkrise der klassischen Physik in der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts die Konkurrenz von literarischem und naturwissenschaftlichem Wissen einer Lage weicht, in der Kulturgeschichte und Naturerkenntnis als untrennbar miteinander verbunden erscheinen. Hinzu kommt, dass in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das Verhältnis von Natur und Kultur durch die nichttrivialen Maschinen der Kybernetik eine weitere Rekonfiguration erfährt. 

Die Vorlesung folgt im Ablauf dem Flipped-Classroom-Konzept. Das bedeutet, dass jeweils einige Tage vor dem wöchentlichen Termin ein Video mit einer Länge von 30 bis 45 Minuten auf der Lernplattform ISIS abgerufen werden kann. Es enthält die aktuelle Vorlesung, die dann Ausgangspunkt für die Diskussion am Donnerstag ist. Zwei Leitfragen werden die Vorbereitung zusätzlich unterstützen. Notieren Sie sich eigene Fragen und Kommentare, die Sie dann in die Sitzung einbringen können. Diese findet als Zoom-Meeting unter der folgenden Adresse statt: https://tu-berlin.zoom.us/j/63109397020?pwd=Wgc9HSIZptkYC9YFIkYq0iutoLBvTl.1