Atome und Philosophie - Epikureische Theorien in Lukrez' De rerum natura und in der Rezeption der Frühen Neuzeit

Freie Universität Berlin

Organisatorisches

Kurstyp
SE
Semester
WiSe 2021/22
Standort
Habel 45, KL 29/207
SWS
2
Start
Rhythmus
wöchentlich
Tag
Mi
Zeit
10-12

Details

Mehr als eintausend Jahre – von der Spätantike bis ins Jahr 1417 – galt Lukrez‘ naturphilosophisches Werk De rerum natura (DRN) als fast vollständig verloren. Schon zu Lebzeiten des Autors in der späten Römischen Republik wurden dessen – auf den Schriften des hellenistischen Philosophen Epikur beruhenden – Verse als bewundernswerte Dichtung angesehen, aber dessen Ideen als abwegig, wenn nicht sogar als gefährlich und staatszersetzend: Materie besteht aus kleinen, unteilbaren Teilchen (Atomen), die sich dauerhaft in Bewegung befinden und die durch zufällige Kollisionen alle sich im Kosmos befindlichen Objekte bilden (und durch Trennungen voneinander diese Objekte wieder zerfallen lassen). Der Kosmos existiert ohne Einfluss der Götter. Wir können dessen Prozesse durch aufmerksames Beobachten sowie Schlüsseziehen untersuchen und verstehen lernen. Dies nimmt uns die unbegründete Angst vor den Göttern, die dem menschlichen Leben schadet. Genuss und Tugend schließen einander nicht aus, sondern sind miteinander verbunden. In diesem Seminar beschäftigen wir uns (a) hauptsächlich anhand von ausgewählten Passagen aus DRN und (b) gegen Seminarende anhand von ausgewählten Rezeptionen aus der Frühen Neuzeit mit der epikureischen Atomtheorie und wie diese einem Menschenbild zugrundelag, das in der Antike noch nicht seine volle Wirkung entfalten konnte. Seit der Renaissance jedoch hat Lukrez‘ DRN die Philosophie und Naturwissenschaft nachhaltig beeinflusst. Alle Seminarteilnehmenden erhalten vertiefte Einblicke in die Philosophie- und Wissenschaftsgeschichte (insbesondere epikureischer Theorien) der Antike sowie punktuell der Frühen Neuzeit.

Studierende der Klassischen Philologie haben Gelegenheit, das Lesen, Übersetzen und Analysieren hexametrischer Verse unter Einbeziehung textkritischer Anmerkungen zu üben, philologische Stilfragen zu erörtern sowie sich mit den inhaltlichen Bezügen zur späten Römischen Republik auseinanderzusetzen. Für Studierende der Philosophie bietet dieses Seminar textnahe und philologisch fundierte Diskurse über naturphilosophische, materialistische Theorien zum Kosmos und zur Materie, zu der sich daraus ergebenden Ethik sowie insbesondere auch zu antiker und frühneuzeitlicher Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie. Die lateinische Textgrundlage für unsere Lektüre ist: Lucreti De rerum natura libri sex, ed C. Bailey, Oxford 1947; als deutsche Übersetzung nutzen wir u.a.: Lukrez, Über die Natur der Dinge, neu übersetzt und kommentiert von Klaus Binder, Berlin 2015. Die Texte für die wöchentliche Lektüre werden gestellt. Sollten Sie vorab Fragen haben, schreiben Sie mich gern an: juliane.kueppers@fu-berlin.de.