Forschungskolloquium zur Wissenschaftsgeschichte

Von Luftballonen, Elefanten und dem Wohnsitz der Seele. Goethe und Samuel Thomas von Soemmerring (1755–1830)

Datum
18:00 Uhr
Ort
TU Berlin, Straße des 17. Juni 145, Raum H 3013
Vortragende Person(en)
Manfred Wenzel (Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz)

Die Beziehungen zwischen Goethe und Soemmerring, die sich 1783 kennenlernten und bis 1828 Briefe wechselten, sind unter mehreren Aspekten interessant. Zum einen wegen des großen Themenspektrums, das von der vergleichenden Anatomie über die Ballonfahrt, Physiologie des Auges und Farbenlehre, Debatten über das Seelenorgan und den Tod durch die Guillotine im Zeitalter der Französischen Revolution bis hin zur Paläontologie und zum Austausch über moderne Mikroskope reicht und zahlreiche Punkte der Wissenschaftsgeschichte der Goethezeit berührt, zum anderen in der Begegnung des naturwissenschaftlichen Dilettanten mit dem Fachgelehrten. Soemmerring erregte schon mit seiner Dissertation über die Gehirnnerven (1778) Aufsehen, verfasste 1784 eine anthropologische Schrift Über die körperliche Verschiedenheit des Mohren [sic!] vom Europäer, entdeckte 1791 den Gelben Fleck in der Netzhaut, schuf mit den mehrbändigen Werken Vom Baue des menschlichen Körpers und Abbildungen der menschlichen Sinnesorgane Standardwerke seiner Zeit, lokalisierte die Seele im Hirnhöhlenliquor (1796), konstruierte einen elektrochemischen Telegrafen (1809) und war Erstbeschreiber mehrerer Flugsaurierfunde.