Transfer und Adaption von Sprach- und Schriftwissen im Alten Orient
Der Sonderforschungsbereich 980 „Episteme in Bewegung“ untersucht Prozesse des Wissenswandels anhand exemplarischer Problemkomplexe in vormodernen Kulturen. Während „Episteme“ Wissensbestände bezeichnet, denen Geltung zuerkannt wird, bezieht sich „Bewegung“ auf den Transfer und den Wandel bzw. die Neukontextualisierung dieser Bestände. Das Teilprojekt „Episteme als Konfigurations-Prozess: Binnenströme des Wissens in keilschriftlichen Textcorpora“ untersucht den Transfer von Wissensbeständen anhand ausgewählter Textcorpora des 3. bis 1. Jt. v. Chr., die sich unter anderem durch das Phänomen der (schriftlichen) Mehrsprachigkeit auszeichnen.
Obwohl sich Mehrsprachigkeit soziolinguistisch unterschiedlich typisieren lässt, resultiert sie stets aus dem Transfer von Schrift- bzw. Sprachwissen zwischen zwei Kontexten. Während beispielsweise der sumerisch-akkadische Bilingualismus im sargonischen Südbabylonien auf ein Sprachkontaktszenario zurückgeht, dokumentieren die Übernahme von Sumerogrammen in Texten des Palastarchivs von Ebla im 24. Jh. v. Chr. oder die Verwendung sumerischer und akkadischer Wortzeichen in hethitischen Texten andersgeartete Transferszenarien.
Anhand zeitlich, räumlich und im Hinblick auf die sozilinguistischen Rahmenbedingungen diversifizierter Fallstudien geht der Workshop der Frage nach, unter welchen Bedingungen und in welchen Formen sich Transfer und Adaption von Sprach- und Schriftwissen im Bereich der Keilschriftkulturen des 3. bis 1. Jt. v. Chr. vollzogen.