Forschungskolloquium zur Wissenschaftsgeschichte

Physikalische Gesetze? Zwischen Wissenschaft, Recht und Verwaltung – die Physikalisch-Technische Reichsanstalt im Nationalsozialismus

Datum
16:00 - 18:00 Uhr
Ort
Raum H3013 (TU Berlin)
Veranstaltet von
Prof. Dr. Friedrich Steinle (TU Berlin)
Vortragende Person(en)
Vivian Yurdakul (Bergische Universität Wuppertal)

Im Forschungskolloquium werden zum einen laufende Examensarbeiten und Promotionsprojekte vorgestellt und diskutiert, zum anderen kommen in eingeladenen Vorträgen aktuelle Forschungsthemen der Wissenschaftsgeschichte zur Sprache. Das Kolloquium steht allen Interessierten offen und richtet sich besonders auch an Masterstudierende. Masterstudierende, die einen Vortrag halten möchten, mögen sich bitte spätestens im Ende März beim Leiter des Forschungskolloquiums melden.

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1887 gegründet, gehört die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (PTR) zu den ältesten und historisch meistuntersuchten staatlichen Forschungseinrichtungen Deutschlands. Ausgehend vom Befund einer Ressourcensteigerung liegt auch eine Anzahl empirischer Erkenntnisse zu ihrem Wirken in der NS-Zeit vor, insbesondere zu ihrer Beteiligung an Rüstungsforschungen. Allerdings ist den betreffenden Arbeiten gemein, dass sie die PTR disziplingeschichtlich, d. h. als Forschungsinstitut analysieren, ihren Charakter als regulierende Behörde jedoch aussparen. Dadurch wird aber gerade das Spezifikum ausgeblendet, das die Einrichtung von ‚reinen’ Wissenschaftsinstitutionen unterscheidet. So spielen die Gesetze und Verordnungen, die die PTR als oberste Instanz des staatlichen Mess- und Eichwesens erließ, in bisherigen Darstellungen keine Rolle. Der Vortrag argumentiert, dass große Gesetzesvorhaben der Anstalt wie das Maß- und Gewichtsgesetz 1935 nicht zufällig in die NS-Zeit fielen. Sie können als Indizien dafür gelten, dass es jener hybride Status am Schnittpunkt von Forschung und Verwaltung war, der die Funktionalität der PTR im NS-Staat begründete. Ihre Gesetze leisteten der Ausrichtung der Wirtschaft auf den Krieg Vorschub. Voraussetzung dafür war, neben dem neu gesetzten Recht selbst, dass an dessen Genese und Anwendung neben Juristen Physiker und Technikwissenschaftler beteiligt waren. Über Vivian Yurdakul: Vivian Yurdakul ist Doktorand am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschafts- und Technikforschung der Bergischen Universität Wuppertal. Er promoviert im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz initiierten Verbundvorhabens zur Erforschung der Geschichte von dessen nachgeordneten Behörden und ihren Vorgängerinstitutionen in der NS- und in der Nachkriegszeit.

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Falls Sie nicht in Präsenz dabei sein können, freuen wir uns über Ihre hybride Teilnahme.