Das Molybdänbergwerk Vals–Alpeinerscharte 1941–1945 Zwangsarbeit auf 2850 Metern Meereshöhe

Datum
19:00 Uhr
Ort
Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit
Britzer Str. 5, 12439 Berlin
Veranstaltet von
Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit Berlin-Schöneweide
Vortragende Person(en)
Matthias Breit, Absam/Österreich
Moderation:
Dr. Anne Sudrow, Potsdam

In den Jahren 1941 bis 1945 entstanden auf Initiative des Oberkommandos der Deutschen Wehrmacht im Tiroler Valsertal ausgedehnte Bergwerksanlagen. Auf 2850 Metern Seehöhe im hochalpinen Gelände, unterhalb der Alpeiner Scharte, sollte das kriegswichtige Legierungsmetall Molybdän (für Werkzeugstahl, Panzer- und Flugzeugbau) gefördert, mit einer rund 6 Kilometer langen Materialseilbahn ins Tal gebracht und dort in einer großen Flotationsanlage aufbereitet werden. Umfangreiche technische Anlagen waren für die Bauarbeiten in dieser Höhe notwendig: Der Stollen wurde über Erdkabel elektrifiziert und über eine beheizte Pumpanlage mit Wasser versorgt.
Möglich waren dieser Bergbau und die umfangreichen Infrastrukturbauten nur durch das NS-Zwangsarbeitssystem: Hunderte Zwangsarbeiter arbeiteten mit primitiven Werkzeugen auf den zahlreichen Hochgebirgsbaustellen. Untergebracht waren sie unter anderem in einer Hütte des Deutschen Alpenvereins. Molybdän wurde im Valsertal bis Kriegsende jedoch niemals gefördert – die hochtrabenden Schätzungen der Reichsstelle für Bodenforschung aus dem Jahr 1939 waren falsch und die Produktionsbedingungen im Hochgebirge kraft-, zeit- und kostenraubend. Arbeitsunfälle und eine Lawine im November 1944 kosteten viele Menschenleben.
Vier Jahre historische Recherche in Archiven, Interviews mit Zeitzeugen und Anwohnern des Tals sowie eine industriearchäologische Bestandsaufnahme ergaben ein detailliertes Bild dieses Großprojekts der NS-Autarkiepolitik und Rüstungswirtschaft. Mittlerweile über 700 Fotos vom Bauverlauf und Alltag auf den Baustellen dokumentieren nicht nur lokalgeschichtliche, sondern auch für die NS-Ökonomie spezifische Aspekte der Zwangsarbeit, Widersprüche und Rivalitäten in der NS-Hierarchie, Architekturvorstellungen und den Anteil des Projekts an der Planung einer europäischen Großraumwirtschaft.