Histories of Biomedical Knowledge

CANCELED: Zwischen 'Seuchenstall' und 'Inselflur': Praktiken und Räume der Isolation im Versuchstiermanagement des Seruminstituts Insel Riems (Master‘s thesis: selected chapter)

Datum
10:00 - 12:00 Uhr
Ort
Humboldt-Universität zu Berlin, Friedrichstraße 191-193, Raum 5061, 10099 Berlin
Veranstaltet von
Lara Keuck (Forschungsgruppe „Learning from Alzheimer's Disease. A History of Biomedical Models of Mental Illness“; HU Berlin)
Vortragende Person(en)
Christof Sendhardt, (Technische Universität Berlin)

! Diese Seminarsitzung muss leider abgesagt werden!

In den vergangenen Jahren sind Tiere verstärkt in den Fokus wissenschaftshistorischer Arbeiten geraten. In Studien zur Experimentalwissenschaft wurden insbesondere Versuchstiere in ihrer Funktion als wissensgenerierende Modelle in den Blick genommen. Jüngere Untersuchungen haben darauf hingewiesen, wie diese epistemologische Perspektive, Tiere als Repräsentanten von Wissen zu konzeptualisieren, die naheliegende Frage vernachlässigt, wie Tiere als widerstrebende,
materielle Lebewesen zu Versuchstieren in kontrollierten Experimentalumgebungen werden.
In meiner Masterarbeit nähere ich mich dieser Frage mit einer Fallstudie zu Tieren in der
Serumforschung und Infektionsmedizin. Am Beispiel der staatlichen Produktions- und
Forschungseinrichtung auf der Ostseeinsel Riems, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur
Herstellung eines Serums gegen die Maul- und Klauenseuche gegründet wurde, soll diese
Untersuchung aufzeigen, welche Rolle die hygienische Separierung und Isolation der „Serumtiere“ spielte, um die Rinder, Schweine und Meerschweinchen zu Versuchs- und Produktionstieren zu machen. Besonderes Augenmerk liegt auf Ställen als zentrale Orte biomedizinischer Forschung.
Ställe waren mit spezifischen Funktionen verknüpft: der Entnahme von Blut, der Infektion, der Durchführung von Versuchen oder der Haltung der Tiere. Die Koordination der Tiere zwischen verschiedenen Räumen gründete auf einem System von Aufschreibeverfahren. Mit Serumbüchern
und Tierregistern konnte der Verkehr der Tiere erfasst, überwacht und gesteuert werden. Diese paper technologies lassen sich als Teil von hygienischen Praktiken verstehen, mit denen Isolation zwischen Tiergruppen erzeugt, verstärkt oder abgeschwächt werden konnte. Das Management der Isolation besaß eine wichtige epistemische Funktion. Verfahren der Serumevaluation und Infektionsversuche unterwarfen die Körper der Tiere einer lückenlosen Dokumentation ihrer
Infektionsgeschichte: Der Erfolg der Versuche hing davon ab, ob die Tiere bereits mit dem Erreger der Maul- und Klauenseuche in Kontakt gewesen und entsprechend immun waren. Praktiken und Räume der Isolation zielten auf die Kontrolle von Infektion auf der gesamten Insel. Ich argumentiere, dass isolierte Räume, hygienische Praktiken und Vorstellungen von Reinheit den Rahmen bildeten, vor dem die Tiere des Riemser Seruminstituts zu Versuchs- und
Produktionstieren wurden.

(selected chapter from Master’s thesis)

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