Forschungskolloquium zur Wissenschaftsgeschichte

Beobachtung als Lebensart: Praktiken der Wissensproduktion bei Forschungsreisen im 18. Jahrhundert

Datum
16:15 - 17:45 Uhr
Ort
TU Hauptgebäude, Straße des 17. Juni 135, Raum H 3012
Veranstaltet von
TU Berlin - Prof. Dr. Friedrich Steinle
Vortragende Person(en)
Dr. Julia Böttcher (Erlangen)

Naturforschung bedurfte unter den spezifischen Bedingungen der Reise besonderer methodischer Absicherung, um ihre Ergebnisse in den Bestand gesicherten Wissens überführen zu können. Dies geschah – so die These – durch die Regulierung, Kontrolle und Habitualisierung der zentralen Methode des Erkenntnisgewinns: der wissenschaftlichen Beobachtung. Wissenschaftler gingen also auf Reisen nach einem ganz bestimmten Muster vor, sodass auch für andere, die nicht mit dabei waren, nachvollziehbar war, wie sie unterwegs gearbeitet hatten.
Der Vortrag präsentiert Ergebnisse eines Dissertationsprojekts im Fach Wissenschaftsgeschichte, das im vergangenen Jahr an der Universität Regensburg abgeschlossen wurde: Um die Beobachtung als historische Forschungspraxis zu analysieren, wurden Idealvorstellungen von wissenschaftlicher Beobachtung, wie sie sich in Reiseanleitungen und -instruktionen spiegeln, mit dem Material von insgesamt sieben Expeditionen des 18. Jahrhunderts zusammengeführt. Auf dieser Grundlage lässt sich die Persona des reisenden Naturforschers skizzieren und untersuchen, wie die Zuverlässigkeit gelehrter Wissensproduktion ausgehandelt wurde.
Dr. Julia Böttcher ist Wissenschaftshistorikerin mit Arbeitsschwerpunkt Frühe Neuzeit am Zentral- institut für Wissenschaftsreflexion und Schlüsselqualifikationen (ZiWiS) der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen. Sie studierte Geschichte, Allgemeine Wissenschaftsgeschichte und Vergleichende Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg und wurde 2017 dort promoviert. Derzeit forscht sie in dem Projekt „Die Politik der Vernetzung. Interessenvertretung und Naturforschung in der frühen Leopoldina, 1652-1769“ zum Handlungsmuster des frühneuzeitlichen Gelehrten im Spannungsfeld von Naturforschung und Politik.