Organisatorisches
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Die im Titel genannte Erfindungskunst bildet als inventio den ersten und wichtigsten Teil in der Technik der Sprache, die die Rhetorik gewesen ist (Cicero: de inventione). Die inventio der Rhetorik hat wesentlich Sprachhandeln, nicht repräsentationell-kontemplative Sprachverwendung im Blick, und zwar in stark konfliktuell und polemisch geprägten Redesituationen. Im Fortgang dieser antiken Tradition verband sich mit dem Titel der ars inveniendi die Entwicklung methodisch geregelter Verfahren zur Auffindung von Ideen, die sich bis zu einem Begriff oder Fantasma des Mechanischen steigern konnte, für den speziell eine Betrachtung der Sprache unter ihrem kombinatorischen Aspekt der methodischen Generierung des Möglichen bedeutend ist (Paul Valéry). Voraussetzung für solche Techniken war die Auffassung, daß Zeichen in ihrer groben Sinnlichkeit, konstitutives Moment des Denkens, weil erkenntnisfundierend sind: Zeichensysteme zur wissenschaftlichen Darstellung (H. Schnelle). Es geht also um um solche Projektionstechniken, mittels derer sich eine unbestimmte Anfangsidee im materialen äußerlichen Element der schematischen Operationen einer „Schrift“ erfaßt und Gestalt annimmt und in ihrer Fortentwicklung Wege nimmt, die durch rein inhaltliches Denken nicht erreichbar wären. Der katalanische Mystiker Ramon Llull (um 1300) unternimmt folgenreich den Versuch der realen Implementierung solcher mechanischer Verfahren (das von ihm so benannte instrumentum ad omnis scibilis demonstrationem im Rahmen seiner Darstellung der Ars magna). Die zentrale wissenschaftliche Figur aber für diese, anders als reines Denken, zwischen Schreiben und Rechnen angesiedelte Methode ist Gottfried Wilhelm Leibniz, der das Erfinden selbst als eine eigene Wissenschaft (H.Poser) in immer neuen Anläufen zu konstituieren unternommen hat. Seine bisweilen untergründige, bisweilen emphatische Rezeption bei Dichtern ist, sobald einmal inspiratorische Literaturkonzeptionen überwunden waren, Anzeiger der Wiederaneignung solcher Verfahren als ursprünglich zur Literatur als der genuinen Kunst der Sprache gehörend. Hölderlin, Novalis, Poe, Baudelaire, Mallarmé, Valéry, Chlebnikov und Benn kommen als markante Positionen produktionsästhetisch orientierter Poetiken, aber auch mit ihren im engeren Sinne dichterischen Werken in Betracht. Die genauere Auswahl der zu studierenden Texte richtet sich auch nach dem Interesse der Studierenden und wird zu Beginn der Veranstaltung festgelegt.