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Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten waren viele Altertumswissenschaftler um die Stellung ihrer Fächer an Universität und Gymnasium besorgt, da sie eine Zurückdrängung zugunsten einer Konzentration auf Germanenforschung und „nationale Erziehung“ fürchteten. Sie bemühten sich deshalb in programmatischen Erklärungen, die Bedeutung der Altertumswissenschaften bzw. der Alten Geschichte für das neue Regime darzulegen. Im Laufe der Zeit wurden auch in einer Vielzahl von fachwissenschaftlichen Arbeiten Schlagworte wie Rasse, Arier, Führertum usw. auf die Antike projiziert, der Kriegerstaat Sparta verherrlicht, das antike Judentum denunziert. Es handelte sich um eine von Fall zu Fall variierende Mischung aus offener Propagierung der (allerdings diffusen) NS-Ideologie, taktisch gemeinten Anpassungen an den Zeitgeist und „normaler“ Wissenschaft. In der Übung soll die Analyse einschlägiger Texte aus der fachwissenschaftlichen Literatur der Jahre 1933-1945 im Vordergrund stehen. Daneben werden Fragen der Wissenschaftsorganisation zu behandeln sein.
V. Losemann, Nationalsozialismus und Antike. Studien zur Entwicklung des Faches Alte Geschichte 1933-1945, Hamburg 1977;
Ders., „Nationalsozialismus I. NS-Ideologie und die Altertumswissenschaften“, Der Neue Pauly 15, 1, 2001, 723-754;
B. Näf (Hg.), Antike und Altertumswissenschaft in der Zeit von Faschismus und Nationalsozialismus, Mandelbachtal 2001;
S. Rebenich, Alte Geschichte in Demokratie und Diktatur: Der Fall Helmut Berve, Chiron 31, 2001, 457-496;
J. Chapoutot, Der Nationalsozialismus und die Antike, Darmstadt 2008