Politische Epistemologie

Freie Universität Berlin

Information

Course Type
SE
Semester
WiSe 2022/23
Location
Habel 30\SER 1 Seminarraum (Habelschwerdter Allee 30)
SWS
2
Start
Frequency
wöchentlich
Day
Mo
Time
14-16
Registration
Maximal 35 Teilnehmer*innen

Details

Politik und Erkenntnis sind inhärent miteinander verbunden. Politische Programme werden maßgeblich durch Theorien über die Funktionsweise der Gesellschaft bestimmt. Beispielsweise verteidigen wirtschaftsliberale Politiker*innen ihre Forderungen etwa nach einer Senkung der Unternehmenssteuern mit dem Verweis auf neoklassische Theoreme (Angebotspolitik, „Trickle- Down-Effekt“). Ebenso verlassen sich die Kritiker*innen des Kapitalismus auf ihre Theorien, allen voran Karl Marx, der seine Ideen als „wissenschaftlichen Sozialismus“ begriff. Auch die Debatte um konkrete außenpolitische Fragen – wie soll „der Westen“ zu Russland und China stehen – ist untrennbar mit den Theorien der internationalen Beziehungen (Neorealismus, Institutionalismus) verknüpft. Ein besonders nennenswertes Beispiel für den Zusammenhang zwischen theoretischer Erkenntnis und politischer Praxis wäre die Klimakrise. Langfristig angelegte Programme mit weitreichenden ökologischen, ökonomischen, politischen und sozialen Folgen müssen auf Grundlage theoretischer Erkenntnis auf ihre Zukunftsträchtigkeit hin evaluiert werden. Das konkrete politische Handeln in der Gegenwart ist davon abhängig, welches Bild wir uns von der Welt im Allgemeinen machen. Wenn aber Politik untrennbar mit Erkenntnis und Theorie verknüpft ist, kann es dann ein objektives Wissen über die Gesellschaft geben? Wie wird dieses Wissen generiert? Inwiefern ergeben sich politische Programme aus soziologischen, ökonomischen oder gar naturwissenschaftlichen Erkenntnissen? Wie bewerten wir die aus der Aufklärung stammende Vision, die ganze Gesellschaft rational zu gestalten? Welchen politischen Stellenwert soll die Tradition als Gegenpol zum wissenschaftlich-rationalen Denken spielen?